Reizvolle Binnenspannung

Die Swiss Chamber Soloists spielten in der Zürcher Tonhalle neue Stücke von Hans Ulrich Lehmann und Eric Gaudibert.

Gebeten wurde der Komponist, sein Solocellostück mit obligater Bratsche klanglich zu erweitern und so aus einer «Message» «Message(s)» zu machen. Die Bratschenstimme, die ein reich verziertes portugiesisches Volkslied singt, blieb prägnant bestehen, der Rest des Quartetts unterstützte sie mit zurückhaltenden Klängen, und doch entstand aus solcher Einbettung keine nur selige Harmonie, denn plötzlich schien das Solocello der Begleitung zu widersprechen, es fügte sich nicht ein - oder wollte es die übrigen Instrumente auf andere Pfade führen?

Jedenfalls entstand so im Stück des Genfers Eric Gaudibert eine reizvolle Binnenspannung, die diese zuweilen träumerischen Klänge herauszureissen drohte. Der Cellist Patrick Demenga führte es am Mittwoch bei den Swiss Chamber Concerts auf - zusammen mit dem noch jungen Quatuor Terpsycordes aus Genf, das anschliessend eine fulminante Interpretation von György Ligetis Erstem Quartett bot.

Der Sechste im Bund, Jürg Dähler, führte nach der Pause in andere Gefilde. Der Titel «viola in all moods and senses» könnte vielerlei und einen ganzen Katalog von Stimmungen versprechen, aber der Komponist Hans Ulrich Lehmann tut zunächst das Gegenteil: Er spannt einen Ton auf, wiederholt ihn und erreicht von da aus plötzlich einen weiteren. So geht er vor, setzt neu an, sprechend, unaufgeregt, folgerichtig und doch immer wieder auf unerwartete Weise, konzentriert und doch abwechslungsreich. Schliesslich hat Lehmann seinen James Joyce, aus dessen «Finnegans Wake» das Titelzitat stammt, genau gelesen: Aus der Mehrdeutigkeit des Les- und Hörbaren entsteht Vielfalt auf engstem Raum. Das zu erleben, tat wohl.

Alle sechs Musiker fanden sich am Ende wieder zu einer atmosphärisch dichten Interpretation von Arnold Schönbergs «Verklärter Nacht» zusammen - wie schon eingangs beim Sextett aus der Oper «Capriccio» von Richard Strauss.

von Thomas Meyer